Graduiertenkolleg Funktionen des Literarischen in Prozessen der Globalisierung
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Patrick Geiger

Patrick Geiger, Dr.

Alumus

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Dr. Geiger ist seit 2020 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Teilprojekts A02 'Selbstbeobachtung und Selbstermächtigung in der amerikanischen Aufklärung' des Sonderforschungsbereichs 'Vigilianz Kulturen' an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Abstract des Dissertationsprojekts

Das fluide Subjekt: Henry David Thoreaus Walden als Gründungstext eines globalisierten Bewusstseins

Mein Dissertationsprojekt geht von der Annahme aus, dass sich in Thoreaus Texten die Genese von an globalen Dynamiken geschulten Formen von Subjektivität untersuchen lassen. Diese lebensphilosophischen Neuverortungen mit ihren textuellen und imaginativen Strategien sind dabei als Reaktionen auf die Erkenntnis globaler Zusammenhänge und die eigene Positionierung darin zu verstehen.
Thoreaus Wahrnehmung der sich im "restless, nervous, bustling, trivial nineteenth century" verdichtenden Globalisierungsdynamik mit ökonomischer Beschleunigung, sozialer Neuordnung und kultureller sowie geistesgeschichtlicher Umwälzungen zwingen ihn zu einer radikalen Revision des 'westlich' geprägten Subjektdenkens. In Walden entwirft er eine rigorose philosophische Doktrin, die als Versuch verstanden werden kann, ein 'fluides Subjekt' zu denken, in dem der problematische Gegensatz zwischen der Ausdehnungserfahrung der Zeitgeschichte und dem Bewusstsein über die Grenzen und Zwänge der Erfahrungswelt integriert werden soll: Während sich die Perspektive des erlebenden Ich ins Grenzenlose erweitert, präsentieren sich die konkreten und direkten Lebensumstände als unausweichliche Beschränkungen. Diesem Sachverhalt begegnet Thoreau mit einer Re-Evaluierung der Zusammenhänge und Verhältnisse zwischen Natur und Kultur, Individuum und Gesellschaft, Lokalem und Globalen, Stadt und Land, Utopie und Realität, Innen und Außen sowie Ästhetik und Politik unter Miteinbezug der neuen, globalisierten Parameter.
Das Thoreau'sche Bewusstsein entspringt dieser Praxis zwischen Abgrenzung, Tradierung, Neubegründung und Kontingenz. Die kritische Betrachtung des Innen und die Suche der Realität des Außen im Mikrokosmos "Walden Pond" stellen den Versuch dar, der stetig wachsenden erlebbaren Welt und ihren globalen Verbindungen mit angemessenen Modifikationen von Subjekthaftigkeit und Subjektivität zu begegnen. Ziele der Arbeit sind (1) eine Bestimmung dieser spezifischen Subjektivität, (2) eine Herausarbeitung von Thoreaus Poetik der Fluidität im Spiegel ihrer Historizität (wozu auch andere zeitgenössische Texte und aktuelle Theorie herangezogen werden) sowie (3) eine Befragung derselben in Bezug auf 'Globalisierungsreflexion' und '-konstitution'