Graduiertenkolleg Funktionen des Literarischen in Prozessen der Globalisierung
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Franziska Jekel-Twittmann

Franziska Jekel-Twittmann, Dr. des.

Das Elend der Anderen. Literarische Topographien erzählter Armut.

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Derzeit arbeitet Franziska Jekel-Twittmann als wissenschaftliche Mitarbeiterin an einem Projekt zum Zusammenhang von gesellschaftlicher und poetologischer Verunsicherung am Deutschen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Abstract des Dissertationsprojekts

Armut, so die These des Dissertationsprojekts, lässt sich anhand ökonomischer Parameter nicht hinreichend definieren. Vielmehr sind für die Definition von Armut implizit oder explizit verwendete Stereotype, Metaphern, Topoi sowie historisch variierende religiöse und politische Bewertungskategorien von zentraler Bedeutung. Insbesondere literarische Texte greifen diese Darstellungsmodi auf und reflektieren, reproduzieren oder destabilisieren sie. Dabei spielen literarische Verfahren wie das Erfinden von (Lügen-)Geschichten, das stellvertretende Sprechen im Rahmen der Fürsprache, die Inszenierung exzessiven Erzähldrangs oder im Gegenteil auch das Verstummen der Erzählinstanz eine zentrale Rolle. Anhand einer komparatistischen Analyse ausgewählter Romane der Gegenwartsliteratur nimmt das Projekt den Status der 'Armen' in den Blick, der in den Raumdarstellungen bzw. der Raummetaphorik der Texte einen besonders prägnanten Ausdruck findet. Auf diese Weise soll unter anderem die gesellschaftliche "Einverleibung ohne Introjektion und ohne Assimilierung" (Derrida) bzw. die Positionierung des 'Armen' im gesellschaftlichen "Außerhalb [ohne] absolute Trennung" (Simmel) untersucht werden.
Vor dem Hintergrund der europäischen Darstellungstraditionen von Armut (freiwillige Armut, Fürsorgegebot, Mystik) und mit Blick auf ausgewählte Texte der literarischen Moderne (Baudelaire, Rilke, Hamsun) arbeitet das Dissertationsprojekt tradierte Armutsbilder heraus. Insbesondere die Darstellungen des Raumes, der 'armen' Gesellschaftsmitgliedern faktisch und/oder metaphorisch zugewiesen wird, steht angesichts gegenwärtiger Globalisierungsprozesse im Zentrum des Interesses. Unter Rückgriff auf postkoloniale Theorien, Raumtheorien und die Arbeiten des new economic criticism finden Fragen nach der Erzählbarkeit von Armut und der Möglichkeit zur (Selbst-)Repräsentation der 'Armen' dabei ebenso Beachtung wie Überlegungen zum problematischen Status einer Literatur, die das kapitalistische Marktsystem kritisiert, sich aber gleichzeitig als Ware auf demselben Markt präsentiert

Publikationen

"Writing (for) the Market. Narratives of the Global Economy." In: Jekel, Franziska, Anna-Katharina Krüger und Myriam-Naomi Walburg (Hg.): Writing (for) the Market. Narratives of the Global Economy. Frankfurt/Main: Peter Lang, 2019. S. 7-24.

"Marketing the Crisis. Figurations of Aesthetics and Economics in Marlene Streeruwitz' Novels Nachkommen. and Die Reise einer jungen Anarchistin in Griechenland." In: Jekel, Franziska, Anna-Katharina Krüger und Myriam-Naomi Walburg (Hg.): Writing (for) the Market. Narratives of the Global Economy. Frankfurt/Main: Peter Lang, 2019. S. 83-110.

"Zwischenwelten. Raum, Identität und Herkunft in Miriam Steins Berlin – Seoul – Berlin". In: Miriam Kanne (Hg.): Provisorische und Transiträume. Raumerfahrung 'Nicht-Ort', Berlin: LIT, 2013, S. 151-170.

mit Nina Peter: "Seing (the) eyes of the other. Images of the poor in Charles Baudelaire and Frank McCourt". In: Veronika Bernard, Serhan Oksay (Hgg.): IMAGES (II). Images of the Poor, Berlin: LIT Verlag, 2013, S. 223-235.

"'Es la crisis'. Globale Märkte und erzählte Armut in Rafael Chirbes' Roman En la Orilla". In: Stiemer, Haimo, Dominic Büker und Esteban Sanchino Martinez: Social Turn? Das Soziale in der gegenwärtigen Literatur(-wissenschaft). Weilerswirst: Velbrück Wissenschaft, 2017.