Graduiertenkolleg Funktionen des Literarischen in Prozessen der Globalisierung
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Philipp Stelzer

Philipp Stelzer, M.A.

Epos und Anfang. Konstruktionen der Welt bei Ovid, Milton und Kubrick

Abstract des Dissertationsprojekt

Das Forschungsprojekt stellt die Frage nach der Verschränkung und dem Zusammenhang von Epos, Anfang und Welt. Erzählte Anfänge von der Entstehung der Welt haben dabei nicht nur die Funktion der Herstellung "epischer Distanz" (Bachtin) und sind somit elementarer Bestandteil des Epos als Gattung; diese Anfänge stellen in komplexen narrativen Operationen auch Bezüge in ihre Gegenwart her, wodurch sie die jeweiligen Vorstellungen der Welt prägen. In der Verschränkung von metaphysischen und politischen Ordnungssystemen werden erzählte Anfänge auch zum ideologischen Instrument: sie ziehen genealogische Linien und legitimieren so Herrschaftsansprüche. Die für die Gattung konstitutive Kopplung von 'Epos und Imperium' (Quint) bildet einerseits den ästhetischen Anspruch auf Ganzheit aus; auf der anderen Seite stellt diese Kopplung, durch das begründende Erzählen des Weltanfangs, auch die Kongruenz von Imperium und Welt her. Die Reflexion und Problematisierung des Welt-Begriffs macht die epischen Anfangserzählungen so für Fragen nach den Prozessen der Globalisierung virulent. Als eine der ältesten Gattungen der Literatur bildet das Epos ein weit zurückreichendes "archive of global images, narratives, and myths" (Cosgrove), in das sich die epischen Werke Ovids, Miltons und Kubricks einschreiben und das sie auf je unterschiedliche Weise durcharbeiten. Obwohl sich selbstverständlich intertextuelle Bezüge auf die epische Tradition in den Metamorphosen, Paradise Lost, wie auch in 2001: A Space Odyssey finden, sind es gerade auch die Unterschiede der darin enthaltenen Anfangserzählungen, die eine Untersuchung besonders interessant machen und die deshalb in der Konstellation dieser epischen Werke herausgearbeitet werden soll. Im Rahmen der Analyse der genannten Werke stehen vor allem folgende Fragen und Fragehorizonte im Fokus:

  • Was zeichnet das Epos als 'Weltgenre' aus? Welche narrativen Strategien entwickelt diese Gattung, um Ganzheit darzustellen? Auf welche Art und Weise fordern die genannten Werke die Grenzen des Genres heraus? Inwiefern lässt sich ein Film in das literarische Genre des Epos einordnen?
  • Wie gestalten sich Anfänge in den genannten Werken? (Wie) Lässt sich vom Anfang der Welt erzählen und von welchem erzählerischen Standpunkt aus? Welche narrative und ideologische Funktion nehmen Anfangserzählungen in den Epen ein? Wen legitimiert der erzählte Anfang, welche Gruppen schließt er aus? Welche Gemeinschaften oder Gruppen tradieren den erzählten Anfang? Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Anfang und Gründung? Wie lassen sich Aitien, Ursprungserzählungen und Schöpfungsgeschichten unterscheiden und differenzieren?
  • Welche Vorstellungen der Welt werden in den Epen entwickelt? Wie verändert sich die Weltvorstellung durch Globalisierungsprozesse? Inwiefern hängen verschiedenen Bedeutungen des Wortes Welt von ihrem historischen Kontext ab und in wie weit kann Literatur Einfluss auf dessen Semantik nehmen?

Kurzbiographie

2020 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, LMU München

2016-2019 Doktorand am Graduiertenkolleg

2016 Master im Fach Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, LMU München

2014-2016 Forschungsstudent am Graduiertenkolleg

2014 Bachelor in den Fächern Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und Philosophie, LMU München

Publikationen

"Die Unterwelt als Schwellenraum. Der Übergang von Imperium und Welt in Vergils Aeneis", in: Grenzen und Brücken in der Romania, München: AVM [nach peer review zum Druck eingereicht].

"Welterzeugung", in: Thomas Erthel, Robert Stockhammer (Hg.): Welt-Komposita. Ein Lexikon, Paderborn: Fink 2020, S. 60-65.