Graduiertenkolleg Funktionen des Literarischen in Prozessen der Globalisierung
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Hauptseminar Unreine Übersetzung

16.04.2013 – 16.07.2013

Leitung
Prof. Dr. Robert Stockhammer

Zeit und Ort
Di. 12.00-14.00 c.t., Schellingstr. 3 Rückgebäude, R. U104B (ehem. K 04B)

Die meisten Theorien der Übersetzung setzen – bei allen sonstigen Unterschieden – geordnete Paare von 'Ausgangs-' und 'Zielsprachen' voraus, so dass dann Texte von der einen in die andere Sprache überführt werden können (oder eben, wenn diese Theorien auf Unübersetzbarkeit Wert legen, nicht). Beim Lesen der verschiedensten, nicht nur, aber auch literarischen, Texte trifft man jedoch ständig auf lexikalische oder syntaktische Elemente, die diese Paar-Relation kreuzen.
Übersetzer dieser Texte stehen dabei nicht selten vor dem Problem, dass diese Elemente 'schon übersetzt' sind, also bereits im Originaltext der Sprache angehören, in die sie doch erst übersetzen sollen: Es sind dann 'Sternchen-Stellen', um es in Anspielung auf die seit relativ kurzer Zeit etablierte Praxis zu formulieren, bei der etwa ein deutsches Wort, das so schon in einem französischsprachigen philosophischen Text steht, in dessen deutscher Übersetzung mit einem Asterisk versehen wird, der als 'dt. im Original' erläutert wird.
Es gibt gute sprach- und literaturtheoretische Gründe, diese Stellen nicht als bloße Ausnahmen von der Regel zu behandeln, sondern als Indiz dessen, dass Texte nie einfach 'einer' Sprache angehören. Indem sich das Seminar an Studierende der AVL und an solche des Aufbaustudiengangs 'Literarische Übersetzung' richtet, möchte es die 'ganz praktische' Frage, wie mit solchen Stellen umzugehen sei, mit der 'theoretischen' verbinden, was damit für das Verhältnis von Text und Sprache(n) auszumachen ist.
Als literarisches Korpus von Texten, an denen sich diese Frage erläutern lässt, schlage ich solche aus dem Bereich der 'nicht-in-erster-Linie-aber-irgendwie-auch-deutschen Literatur' vor, also z.B.: James Joyce, Finnegans Wake; Primo Levi, Se questo è un uomo; Walter Abish, How German Is It/Wie deutsch ist es; Anita Desai, Baumgartner's Bombay.
Als theoretische Texte bieten sich etwa an: Emily Apter: The Translation Zone. A New Comparative Literature, Princeton/Oxford: Princeton UP, 2006; Derrida, Jacques: Le monolinguisme de l'autre ou la prothèse d'origine, Paris: Galilée, 1996 (liegt für den Notfall auch in deutscher Übersetzung vor). Den Arbeitsbegriff des 'Schon-Übersetzten' habe ich etwas ausführlicher skizziert in: Robert Stockhammer: "Das Schon-Übersetzte. Auch eine Theorie der Weltliteratur", in: Poetica, Jg. 41 (2009), S. 257–291.