Graduiertenkolleg Funktionen des Literarischen in Prozessen der Globalisierung
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Seminar Robinsonaden

07.04.2014 – 08.07.2014

Leitung

Prof. Dr. Robert Stockhammer

Zeit & Ort

Mo 16-18 Uhr; Schellingstr. 3, RG, Raum RU104B

In Anlehnung an Hans Blumenbergs Studie über den Schiffbruch mit Zuschauer könnte man die Szene, aus denen Robinsonaden hervorgehen, als Schiffbruch mit überlebendem Erzähler charakterisieren. Typischerweise wird dies als "längeres Gedankenspiel" (Arno Schmidt) konstruiert, in dem ein Subjekt, das aus seinen gewohnten Voraussetzungen gerissen wird, in der Konfrontation mit unvertrauten Gegebenheiten, bestenfalls noch gestützt auf einiges Strandgut, neu beginnt. Der 'klassische' Text für diese Situation, dem die Texttradition ja auch ihren Namen verdankt, ist natürlich Daniel Defoes Roman The Life and Strange Surprizing Adventures of Robinson Crusoe, mit dem sich das Seminar ausführlich beschäftigen wird, möglichst auch unter Einbezug der selten gelesenen Bände zwei und drei. Legt man die Definition der Texttradition jedoch etwas großzügiger aus (und nimmt schiffbrüchige Theatermacher als Varianten der überlebenden Erzähler), kann man mit William Shakespeares The Tempest beginnen – was ich denn hier auch vorschlagen will. Aus der großen Menge der nach Defoe entstandenen einschlägigen Texte erscheinen mir vor allem zwei Teilgruppen besonders interessant: die deutschsprachigen Robinsonaden des 18. Jahrhunderts (insb. von Schnabel, Campe und Wezel) sowie die re-writings aus – wenn man so will – postkolonialer Perspektive: etwa Michel Tournier, Vendredi ou les limbes du Pacifique (1967), J.M. Coetzee, Foe (1986), und/oder Patrick Chamoiseau, L'empreinte à Crusoé (2012); andere Vorschläge sind jedoch auch willkommen. Als Einstimmung in der ersten Sitzung empfiehlt sich die luzide Darstellung zumindest einer wichtigen Funktion von Robinsonaden, die Karl Marx im ersten Band des Kapital (im Kapitel "Der Fetischcharakter der Ware und sein Geheimnis") gibt.

Ich bitte, die Bereitschaft zur Mitverantwortung für einzelne Sitzungen (mit dem Vorschlag eines Themas, aus dem hier skizzierten Bereich oder eines anderen) bis 31.3. per Mail an stockhammer@lrz.uni-muenchen.de anzumelden; eine Rückmeldung erfolgt spätestens in der ersten Seminarsitzung.