Graduiertenkolleg Funktionen des Literarischen in Prozessen der Globalisierung
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Masterseminar Lesen im Anthropozän

24.04.2017 – 24.07.2017

Leitung

Prof. Dr. Robert Stockhammer

Zeit & Ort

Mo 16-18 Uhr; Schellingstr. 3, RG, Raum RU104B

Noch hat es keine der dafür zuständigen geographischen Gesellschaften offiziell anerkannt, aber die Empfehlung der Anthropocene Working Group ist eindeutig: Demzufolge sind "wir" – um wen es sich bei diesem "wir" handelt, ist freilich noch zu debattieren – nur 11.700 Jahre nach Beginn des Holozäns schon wieder in eine neue geologische Epoche eingetreten. Von allen früheren geologischen Epochen unterscheidet sich das Anthropozän allerdings darin, dass es sich dabei um eine menschengemachte handelt – was hier "Menschen" bedeutet, ist freilich noch zu
debattieren. Als Konsument kann man darauf reagieren, indem man seinen CO²-Ausstoß minimiert, als politisch denkendes Wesen, indem man beispielsweise den "Klimaskeptikern" argumentativ entgegentritt – beides ist jedoch von dem geplanten Seminar weitgehend unabhängig. Als Intellektueller im Allgemeinen kann man die Funktionalität des Anthropozän-Begriffs, etwa auch die in seinem Namen drohenden Missverständnisse, diskutieren – und dies
soll in dem Seminar durchaus geschehen (vgl. Texte von Chakrabarty, Latour, Morton und anderen). Damit ist aber noch wenig über spezifisch literaturwissenschaftliche Antworten ausgemacht. Scheinbar liegt es nahe, literarische Texte zu diskutieren, die etwa vom Klimawandel – übrigens keineswegs dem einzigen Indiz für die neue geologische Epoche – handeln; für die Literaturvermarktung ist schon das Label CliFi erfunden worden. Auch dies will ich für das Seminar nicht ausschließen; abgesehen davon jedoch, dass in diesem Bereich bisher noch nicht sehr viele literarisch wirklich interessante Texte existieren, wirft das Anthropozän (anders als etwa noch einzelne, territorial begrenzte Fälle von "Umweltzerstörung") Probleme der Darstellung auf, die als solche literaturtheoretisch zu diskutieren sind. Als "hyper-object" (Morton) ist vor allem der Klimawandel nicht einfach ein "Gegenstand" der Analyse – eher prägt
er deren Bedingungen. Deshalb ist das Seminar bewusst nicht "Lesen von Texten über das Anthropozän", sondern eben "Lesen im Anthropozän" betitelt. 

Zur Vorbereitung: Einige der genannten Texte und andere werden schon während der Semesterferien auf lsf zur Verfügung gestellt. Unter den literaturwissenschaftlichen Reaktionen erscheint mir bisher am anregendsten: Timothy Clark, Ecocriticism on the Edge [zumindest anfänglich wohl noch nicht auf lsf]. Ich bitte nachdrücklich darum, Texte sowie die Bereitschaft zur Mitverantwortung für einzelne Sitzungen schon während der vorlesungsfreien Zeit (bis 17.April) per Mail an stockhammer@lrz.uni-muenchen.de vorzuschlagen; eine Rückmeldung erfolgt, in Sammelform, spätestens in der ersten Sitzung des Seminars.